Mineralfutter für Pferde aus Kräutern?

Unter Tierärzten macht sich so langsam die Vermutung breit, dass viele Pferde inzwischen schon unter einer Überversorgung an Mineralstoffen und Vitaminen leiden. Dazu gesellt sich das ungute Gefühl vieler Pferdebesitzer in Hinsicht darauf, dass die meisten Stoffe solcher Zusatzfutter synthetischen Ursprungs sind.

Und so wie viele Menschen immer mehr unbehandelte Bio-Lebensmittel kaufen, möchten Sie nun auch Ihren Pferden möglichst natürliche Kost anbieten. Und was liegt beim Pflanzenfresser Pferd näher als die Idee, die Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen über Kräuter zu decken? Die Idee ist gut. Keine Frage. Aber sind spezielle Kräutermischungen als Mineralfutter-Ersatz für Pferde wirklich sinnvoll?Wie immer klaffen Theorie und Praxis oftmals weit auseinander. Theoretisch ist die Deckung des Bedarfs an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen durch Kräuter eine tolle Sache! Keine Chemie. Keine Zusatz-, Kleb- und Füllstoffe wie z.B. Melasse. Kaum ist eine Überversorgung durch natürliche Nährstoffe machbar.

Doch Kräuter enthalten mehr als nur Vitalstoffe!

Wer sich nur auf die Nährstoffe einer Pflanze konzentriert, verliert dabei oft aus den Augen, dass viele Kräuter noch weitere Eigenschaften haben, deren Existenz man nicht einfach ausblenden kann. Denn Kräuter enthalten darüber hinaus auch noch pharmazeutische Wirkstoffe. Da diese aber bei der Kreation eines Rezeptes für einen Mineralfutter-Ersatz nicht in Betracht gezogen werden, wissen Sie als Endverbraucher oftmals nicht, welche Heil- oder Nebenwirkungen Sie mit ins Pferd geben. Das wäre aber eine wichtige Information. Denn womöglich stoßen Sie Wirkungen an, die Sie gar nicht haben möchten, oder die bei der individuellen Beschaffenheit Ihres Pferdes sogar absolut kontraproduktiv sind. Ein Beispiel: Nehmen wir gerbstoffhaltige Pflanzen wie z.B. Brombeerblätter, Himbeerblätter, Eichenrinde etc. Jedes Kraut hat natürlich sein eigenes Spektrum an Nährstoffen. Darum wird es in einer Mineralstoffmischung verwendet. Nehmen wir weiterhin an, Ihr Pferd leidet unter chronischer Verstopfung und ist immer ganz nah an einer Verstopfungskolik. Die enthaltenen Gerbstoffe entziehen dem Kot nun zusätzlich Wasser. Der Kot wird also noch fester. Und so provozieren Sie vielleicht und ohne es zu wissen die nächste Kolik.

Das ist jetzt ein Extrem-Beispiel. Dennoch wird jede Heilpflanze (und das sind Kräuter nun einmal) eine ganz spezifische Wirkung auf Ihr Pferd haben. Möchten Sie sich über diese Wirkung nicht lieber bewusst sein und selbstständig entscheiden können, ob Sie genau diese überhaupt haben möchten?

Die Idee Kräuter als Grundlage zur Nährstoffversorgung zu nehmen entstammt einer guten Naturbeobachtung. Natürlich decken wildlebende Pferde ihren Bedarf an Mineralstoffen, Vitaminen, Spurenelementen etc über Gräser, Kräuter, Bäume und Sträuche. Und richtig ist auch, dass unsere heutigen Haltungsbedingungen dies unmöglich machen. Aber auch hier muss man sich wieder das ganze Bild ansehen und darf sich nicht nur die Teilaspekte heraus suchen, die einem genehm sind. Denn es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen der Selbstversorgung eines Wildpferdes und einer Kräuter-Mineral-Mischung: 1. Pferde wissen ganz genau, welche Pflanze ihrem ganz individuellen Körper mit seinen ganz eigenen Schwachstellen und Krankheiten gut tut. Sie wählen also aus dem vielfältigen Angebot eine Pflanze aus, die passt. 2. Pferde fressen niemals das ganze Jahr die gleichen Kräuter. Schon allein durch ihr umherziehendes Wesen durchstreifen sie immer wieder neue Landschaften mit anderen Pflanzen. Von den jahreszeitlichen Wechseln einmal abgesehen. Auf diese Weise umgehen sie ganz natürlich die Gefahr von Nebenwirkungen und Gewöhnung, die entstehen können, wenn man eine Heilpflanze zu lange einnimmt.

Wollten wir also wirklich die Natur abbilden, müssten wir alle paar Tage oder Wochen neue Pflanzen mit den richtigen Nährstoffen und gleichzeitig den richtigen Wirkstoffen füttern, die ganz individuell auf unser Pferd zugeschnitten sind. Aber welcher Hersteller und welcher Pferdebesitzer wird dies wohl leisten können?

Also doch synthetische Mineralfutter?

Nicht unbedingt. Zuerst einmal: für alles (auch für Mineralfutter) gilt die Formel „Die Menge macht das Gift“. Wenn Sie Ihr Pferd super artgerecht füttern und halten und Mineralfutter nur nach Bedarf bzw. in schwächenden Zeiten wie z.B. dem Fellwechsel oder einem besonders heftigen Winter geben, werden Sie wohl kaum eine Überversorgung produzieren und auch die Nebenwirkungen dürften sich in Grenzen halten. Darüber hinaus gibt es natürlich auch gutes und schlechtes Mineralfutter. Gute Mineralfutter benutzen hochwertige Quellen wie zum Beispiel Magnesiumfumarat (organischen Ursprungs, bioverfügbar), während schlechte Mineralfutter das deutlich günstigere aber auch wesentlich schwächer wirkende Pendant Magnesiumcitrat (synthetischen Ursprungs, nicht so gut bioverfügbar) einmischen. Weiterhin benutzen gute Mineralfutter keine Füll- und Klebstoffe wie Melasse, schlechte schon. Wer also auf eine gute Marke und gute Inhalststoffe achtet und kein Pferd mit Futtermittelallergien hat, außerdem das Mineralfutter nicht dauerhaft gibt, sondern nur in besonders auslaugenden Zeiten wie z.B. dem Fellwechsel, der ist auch mit einem „handelsüblichen“ Mineralfutter nicht grundsätzlich schlecht beraten.

Gibt es denn eine natürliche Alternative zur Mineralstoffversorgung?

Wer kein synthetisches Mineralfutter geben möchte, kann die Versorgung des Pferdes denoch natürlich gewährleisten. Aber auch hier sind ein paar individuelle Merkmale zu beachten. Möglichkeit 1: Mikroalgen wie Spirulina oder Chlorella besitzen das größe Spektrum an Mineralstoffen, Aminosäuren, Vitaminen etc., das in der Natur überhaupt vorkommt. Der Vorteil von Spirulina und Co ist außerdem, dass diese sich positiv auf die Magen Darm Flora und somit auch auf das Immunsystem auswirken, die enthaltenen Aminosäuren großartig sind für die Muskulatur und der Gehalt an Jod sehr gering ist (im Gegenteil zu Makroalgen, die einen recht hohen Jodgehalt aufweisen) . Der Nachteil von Mikroalgen ist ihr hoher Proteingehalt (so um die 70 %). Darum sind diese nicht für Pferde geeignet, die aus gesundheitlichen Gründen striktes Protein-Verbot haben. Für alle anderen eine super Alternative.

Auf Platz 2 der Pflanzen mit dem größten Spektrum an Vitalstoffen stehen die Blätter des afrikanischen Moringabaumes. Charakteristisch für den Moringabaum ist sein sehr schnelles Wachstum. Hierfür ist das Wachstumshormon Zeatin verantwortlich. Darum mögen die Moringablätter phasenweise besonders für junge oder sehr alte und geschwächte Pferde sinnvoll sein. Der Nachteil der Moringablätter: sie sind nicht gerade günstig.

Natürlich gibt es noch viele andere natürliche Stoffe, die für bestimmte Unterversorgungen hilfreich sein können wie z.B. Kieselerde (Silicium), Bierhefe (B-Vitamine, Kalium, Kupfer etc.), Hagebutten (Vitamin C) und so weiter.

FAZIT:

So lange Sie nicht gewährleisten können, dass nicht nur die richtigen Vitalstoffe, sondern auch die richtigen Wirkstoffe in Kräuter-Mineralfuttern enthalten sind und so lange Sie nicht die Möglichkeit haben, diese Mischung alle naslang gegen eine andere ebenso passende auszutauschen, sind Kräuter keine gute Idee zur Deckung des täglichen Bedarfs an Vitalstoffen. Klassische Mineralstoffpräparate können sehr gut sein, so lange sie nicht dauerhaft gegeben werden und so lange sie eine sehr gute Qualität und Bioverfügbarkeit aufweisen. Aber auch Algen wie Spirulina oder Pflanzen wie Moringa sind eine wunderbare und vor allem natürliche Alternative zum synthetischen Mineralfutter für Pferde.

Haftungsausschluss

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit und repräsentiert nur die der Autoren zum Zeitpunkt des Verfassens bekannten Methoden, Vermutungen und Fakten, und entbindet den Tierhalter weder von seiner Verantwortung seinem Tier gegenüber noch von seiner Pflicht, bei einem Veterinärmediziner vorstellig zu werden und sich eine Fachmeinung einzuholen. Wir übernehmen keinerlei Haftung.

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