Metabolisches Syndrom beim Pferd: Ursachen, Behandlung und Prophylaxe

Das Equine Metabolische Syndrom ist für uns Menschen eigentlich nichts Neues. Wobei es hier nicht Equines Metabolisches Syndrom sondern nur Metabolisches Syndrom heißt (Equines = bei Pferden vorkommendes). Das Equine Metabolische Syndrom ist eine Krankheit, die sich bei Pferden durch Übergewicht und Insulinresistenz zeigt. Ursache des Metabolischen Syndroms ist eine Stoffwechselstörung. Wenn das Pferd an EMS leidet, können Sie jedoch auch einiges tun, um Ihrem Pferd zu helfen. Dazu gibt es hier die nötigen Informationen. Lassen Sie sich jedoch immer von einem für Pferde kompetenten Tierarzt beraten und bleiben Sie allzeit kritisch. Die veterinärmedizinische Fachmeinung und Beurteilung können und wollen wir nicht ersetzen!

Insulinresistenz als Ursache von EMS

Insulin ist das einzige Hormon in unserem Körper, das den Blutzuckerspiegel senken kann. Reagiert der Körper nicht mehr adäquat auf dieses Hormon, dann handelt es sich um eine Insulinresistenz. In der Folge nehmen die betroffenen Personen immer mehr zu, was die Insulinresistenz noch weiter voran treibt und damit auch wieder die Fettleibigkeit. Ein gefährlicher Kreislauf. Außerdem führt die Insulinresistenz zum Typ-2-Diabetes. Durch die Insulinresistenz bekommt der Organismus übermäßig viel Energie zugeführt. Bei gleichzeitigem Bewegungsmangel entstehen Fettdepots. Die neuere Forschung hat nachgewiesen, dass diese Fettdepots nicht nur „einfach vorhanden“ sind, sondern aktiv Hormone produzieren, die sich wiederum negativ auf den Stoffwechsel auswirken, denn sie reduzieren die Insulinwirksamkeit noch weiter und sorgen gleichzeitig für ein schwächeres Sättigungsgefühl – es wird also nicht nur wesentlich mehr Energie aus der Nahrung aufgenommen, sondern zusätzlich auch noch die Nahrungsaufnahme gesteigert. Die Folge ist Heißhunger bei bereits bestehendem Übergewicht. Eine katastrophale Mischung: Das Equine Metabolische Syndrom.

Die Folgen des Equinen Metabolischen Syndroms

Die Folge der Insulinresistenz, des Übergewichts und des (Equinen) Metabolischen Syndroms sind beim Menschen (vor allem im fortgeschrittenen Stadium) Herz-Kreislauferkrankungen, Sehstörungen, Nierenfunktionsstörungen, Nervenschmerzen, Gewebsschädigungen und so weiter. Bei Menschen kennen wir ja die Folgen von Übergewicht und wissen, wie schädlich dieses ist. Darum sollten wir auch unsere Pferde nicht dieser Gefahr aussetzen. Beim Pferd kann Übergewicht und damit auch das Equine Metabolische Syndrom (EMS) außerdem noch zu einer weiteren, sehr gefürchteten Krankheit führen: der Hufrehe. Denn das Equine Metabolische Syndrom (EMS) geht mit Stoffwechselstörungen einher, die auch Auslöser einer Hufrehe-Erkrankung sind. Denn bei der Hufrehe gelangen die Giftstoffe, die sich durch einen gestörten Stoffwechsel im Körper des Pferdes ablagern, in die feinsten Äderchen der Gliedmaßen und landen letztlich in den Hufen. Dort sorgen sie für Durchblutungsstörungen und in der Folge zu einer Entzündung der Huflederhaut (Hufrehe).

Bei uns Menschen ist Übergewicht eine ganz klassische Zivilisationskrankheit. Das ist schlimm genug, denn sie wäre vermeidbar. Doch inzwischen zeigt sich, dass diese Zivilisationskrankheit auch bei den Pferden angekommen ist: im Equinen Metabolischen Syndrom und in der Hufrehe. Inzwischen ist die Hufrehe nach der Kolik sogar die zweithäufigste Todesursache bei Pferden.

Auch die Entstehung des Equinen Cushing Syndroms kann, neuesten Vermutungen der Wissenschaft zufolge, durch eine Insulinresistenz, also durch das Equine Metabolische Syndrom (EMS) gefördert werden. Andere Zustände und Krankheiten fördern wiederum die Insulinresistenz an sich. Stress gehört dazu. Aber auch chronische Entzündungen wie Allergien. Darum haben gerade Pferde, die unter dem Sommerekzem leiden, ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung einer Insulinresistenz und damit dem Equinen Metabolischen Syndrom.

Welche Pferde sind besonders gefährdet am Equinen Metabolischen Syndrom zu erkranken?

Grundsätzlich sind alle die Pferde, die ich soeben nannte, besonders gefährdet am Equinen Metabolischen Syndrom zu erkranken: also die Pferde, die besonders viel Stress haben (vielleicht aufgrund einer ungünstigen Herdenkonstellation, vielen äußeren Störfaktoren, Umweltbelastungen usw.) und die chronisch Erkrankten wie Allergie- oder Arthrose-Pferde. ABER besonders gefährdet in puncto Equines Metabolisches Syndrom sind vor allem auch Ponys und Kleinpferde. Sie besitzen eine höhere genetische Veranlagung an Insulinresistenz zu erkranken. Darum möchte ich besonders die Besitzer von Kleinpferden und Ponys dazu anhalten, das Gewicht Ihres Tieres stets im Auge zu haben!

Was ist zu tun wenn Sie nicht wissen, ob Ihr Pferd an EMS erkrankt ist?

Erste Hinweise auf das Equine Metabolische Syndrom können Ihnen schon alltägliche Beobachtungen liefern. Nimmt Ihr Pferd schon „vom Zusehen“ zu? Ist es eher der gemütliche Typ, bewegt sich nicht sonderlich viel und verfügt über Fettpolster hinter der Schulter, am Schweifansatz oder auf dem Mähnenkamm? Hat es verschwollene Augen und Schwellungen am Euter beziehungsweise am Schlauch? Uriniert das Pferd vielleicht häufiger als normal und hat mehr Durst? Ist die Rosse durcheinander? Dann sollten Sie unbedingt einen Tierarzt herausfinden lassen, ob Ihr Pferd am Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) leidet. Hierzu werden die Insulin- und Glukosewerte im Blut des Pferdes überprüft. Manchmal ist dies sogar schon ausreichend, um eine Diagnose zu stellen. Außerdem kann ein Glukosetoleranztest durchgeführt werden, um die Insulinkonzentration im Blut sowie die Blutfettwerte zu ermitteln.

Und dann: Wie geht’s weiter, wenn Ihr Pferd EMS hat?

Im Prinzip unterscheidet sich die Behandlung beim Equinen Metabolischen Syndrom nicht allzu stark von der eines anderen übergewichtigen Pferdes, denn das allerwichtigste ist: Der Speck muss weg! Natürlich wohl durchdacht und nach und nach. Wie immer, wenn wir mit Pferden umgehen, dürfen Veränderungen niemals in einer Hauruckaktion geschehen, sondern so langsam und schleichend, dass der Organismus Zeit hat, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen. Entziehen wir von heute auf morgen unserem Pferd einen großen Teil des Futters, kann es zum Beispiel zu einer sogenannten Hungerrehe kommen (einer Hufrehe, die durch Nahrungsentzug ausgelöst wird).

An erster Stelle auf dem Kampf gegen das Equine Metabolische Syndrom steht die Ermittlung des Ist-Zustandes

Wie viel wiegt mein Pferd überhaupt? Wie viel sollte es bei seiner Größe, Statur und Rasse wiegen? Wie viel und welches Futter bekommt es? Und wie viel Arbeit und Bewegung hat es? Diese Fragen zu beantworten ist sehr wichtig, denn Sie müssen die Erfolge der Diät ja auch beurteilen können und vor allem, müssen Sie ja wissen, wo Sie wie ansetzen müssen, um Erfolge überhaupt erzielen zu können. Die Frage nach dem Gewicht lässt sich durch Pferde- oder LKW-Waagen ermitteln. Manche Tierärzte oder Tierkliniken verfügen über eine Pferdewaage.

Vorsichtige Futterreduktion als wichtiger Teil der Behandlung eines Equinen Metabolischen Syndroms

Dann sprechen Sie mit einem Tierarzt, der Ihnen sagen kann, wie viel Ihr Pferd ungefähr wiegen sollte (unabhängig vom Equinen Metabolischen Syndrom). Und schon haben Sie die Differenz, die Ihr Pferd abnehmen sollte.

Dann geht es ans Futter: Listen Sie haarklein und penibel auf, was Ihr Pferd so am Tag bekommt und wie viel davon. Dazu gehören auch „Kleinigkeiten“ wie Leckerli. Anschließend ermitteln Sie wie stark und wie lange am Tag Ihr Pferd bewegt wird. Und nun kommt es auf die Differenz zwischen Energiezufuhr und Energieverbrennung an. Auch hierfür benötigen Sie einen Experten, der Ihnen sagt, was und wie viel Sie Ihrem Pferd bei momentaner oder gesteigerter Bewegungssituation füttern sollten. Das beste Futter für ein übergewichtiges Pferd ist älteres aber qualitativ hochwertiges Heu (strukturreich, rohfaserreich). Schlechtes Futter für ein am Equinen Metabolischen Syndrom erkrankten Tieres ist: Getreide, Pellets, Müsli, süße Früchte wie Birnen und Bananen, Leckerli, Mash, Silage, Gras.

Auch und besonders beim Equinen Metabolischen Syndrom: Bewegung, Bewegung, Bewegung

Je mehr Sie Ihr Pferd bewegen, desto gesünder wird es, desto schneller baut es Fett ab und desto mehr darf es fressen. Und vor allem: Bewegung erhöht wieder die bei Ihrem Pferd nicht mehr vorhandene Empfindlichkeit auf Insulin und kann so die Insulinresistenz heilen! Ihr Pferd wird es Ihnen danken! Aber auch hier gilt das Prinzip der Allmählichkeit. Auch die Bewegung muss schrittweise, nach und nach aufgebaut werden, denn Herz-Kreislaufsystem und Bewegungsapparat sind durch das Übergewicht ja schon belastet und müssen sich an weitere Belastungen erst gewöhnen. Zu Beginn ist es sinnvoll, einfach mit dem Pferd spazieren zu gehen. Zu Beginn z.B. eine viertel Stunde. Diese dann jede zweite Woche um 5 Minuten steigern. Und lieber zwei mal am Tag die Hälfte der Zeit als einmal am Tag die volle Zeit. Auch so kann man die Belastung auf den Pferdekörper reduzieren. Zumindest am Anfang. Damit Sie einen Richtwert haben, wie viel Bewegung ein Pferd am Tag haben sollte ist es wichtig zu wissen, wie viel sich ein Pferd in freier Natur bewegt: etwa 16 Stunden am Tag. So lange können wir mit unseren Pferden gar nicht spazieren gehen, schließlich haben wir ja auch noch einen Job und ein anderes Leben. Aber diese 16 Stunden beziehen sich ja nicht zwangsläufig auf menschengemachte Bewegung. Und schon sind wir beim Thema Haltung. Bei reiner Boxenhaltung bewegt sich Ihr Pferd so viel, wie Sie es reiten oder bewegen. Nehmen wir an: 1 Stunde Reiten, 1 Stunde Führanlage, vielleicht noch 1 Stunde Paddock. Das sind 3 Stunden oder anders ausgedrückt: viel zu wenig! Eine solche Haltung muss das Bewegungstier Pferd krank machen. Anders sieht es aus in einem Offenstall – noch besser ein Bewegungsstall. Hier bewegen sich die Pferde deutlich mehr. Wenn Sie nun noch die Energiezuvor kontrollieren (also nicht 24 Stunden Weide satt!) und zusätzlich 1-2 Stunden am Tag stärkeres Training anbieten, sind Sie schon nah am Ideal und bald auch weit weg von den Gefahren des Equinen Metabolischen Syndroms.

Kräuter beim Equinen Metabolischen Syndrom

Kräuter, eine der wichtigsten Nahrungsquellen des wilden Pferdes, können auch beim Equinen Metabolischen Syndrom große Hilfe leisten. Ziel der Behandlung mit Kräutern beim Equinen Metabolischen Syndrom ist wie allgemein auch die Reduktion von Übergewicht und die Normalisierung des Stoffwechsels. Da eine Anregung des Stoffwechsels auch zu effektiverem „Verbrennen“ der Fettreserven führt, bedingt sich beides gegenseitig. Da der Stoffwechsel aus den Verdauungs- und Entgiftungsorganen des Körpers besteht (Leber, Niere, Darm) ist es sinnvoll, diese durch die Gabe von Kräutern anzuregen und zu pflegen. Geeignete Kräuter sind demnach solche, die für Leber, Niere und Darm zuständig sind wie Mariendistel, Löwenzahn, Brennnessel, Birke und Fenchel. Die Natur hält aber noch weit mehr parat, das in Kräuter-Mischungen für unsere Pferde einfließen kann.
Jedoch sollte man generell nicht nach eigenem Ermessen Kräuter mischen und verwenden, weil die Zusammensetzung der Kräuter und ihrer Wirkstoffe ein komplexes Thema ist. Aus diesem Grunde ist es nötig einen Experten zu Rate zu ziehen oder fertige, genau abgestimmte Mischungen zu verwenden.

Quellen / verwendete Literatur

  • Dauborn, Sylvia (2009): Lehrbuch für Tierheilpraktiker. 3. Auflage. Stuttgart: Sonntag Verlag.
  • Dietz, Olof (Hrsg.) und Huskamp, Bernhard (Hrsg.) (2006): Handbuch Pferdepraxis. 3., erweiterte und aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag.
  • Rasch, Konstanze (2010): Diagnose Hufrehe. Stuttgart: Müller Rüschlikon Verlag.

Haftungsausschluss

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit und repräsentiert nur die der Autoren zum Zeitpunkt des Verfassens bekannten Methoden, Vermutungen und Fakten, und entbindet den Tierhalter weder von seiner Verantwortung seinem Tier gegenüber noch von seiner Pflicht, bei einem Veterinärmediziner vorstellig zu werden und sich eine Fachmeinung einzuholen. Wir übernehmen keinerlei Haftung.

Zurück