Pflanzliche Schmerzmittel für Pferde, Hunde & Katzen

Wenn unsere Pferde, Hunde oder Katzen chronisch krank sind, kommen wir manchmal um die Behandlung mit Schmerzmitteln bzw. Entzündungshemmern nicht herum. Die Chemieküchen der Pharmakonzerne bieten uns hierfür die „Nichtsteroidalen Antirheumatika“ (NSAR) oder „Nichtsteroidale Antiphlogistika“ (NSAP) wie Aspirin, Iboprofen, Diclofenac etc. Diese Medikamente lindern die Symptome einer Krankheit (Schmerzen, Entzündungen), können die Ursache aber nicht bekämpfen. Die Folge: Sie werden zum Dauerbegleiter so manchen Tierlebens. Mit teilweise lebensbedrohlichen Folgen. Denn die NSAR bzw. NSAP haben zum Teil beträchtliche Nebenwirkungen. Leidgeprüfte Pferde-, Hunde- und Katzenhalter suchen darum oftmals händeringend nach einem Ausweg und stoßen dann auf die Phytotherapie (die Pflanzenheilkunde). Doch sind Pflanzen tatsächlich eine Alternative im Kampf gegen Schmerzen und Entzündungen?

Vor Kurzem bekam ich einen Anruf von einem Hundehalter. Sein liebster Vierbeiner leide unter diversen entzündlichen und degenerativen Beschwerden des Bewegungsapparats, die lange mit Schmerzmitteln behandelt wurden, worauf das Tier einen Magendurchbruch erlitten habe. Der Mann war leidgeprüft und super informiert. Er berichtete, was seine Familie alles schon versucht hatte und fragte mich nun, ob ich noch eine Idee hätte.

Kein Einzelfall. Viel zu oft erfahre ich von Pferde-, Hunde- oder Katzenhaltern, welchen Schaden die NSAPs anrichten können. Meist ist der Magen betroffen: Magenbluten, Magengeschwüre, Magenschleimhautentzündungen oder gar der Magendurchbruch. Wie kann das geschehen? Nehmen wir einmal das Beispiel Aspirin: Der Wirkstoff von Aspirin ist Acetylsalicylsäure = ASS. Die Acetylgruppe hat die Eigenschaft, die Blutgerinnung zu verhindern, was dann Blutungen im Magen-Darm-Trakt auslösen kann. Auch Ibuprofen und Diclofenac gehen auf den Magen. Paracetamol kann lebertoxisch sein. Die Wahl zwischen verschiedenen Antiphlogistika ist also in puncto Nebenwirkungen die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Also schnell zurück zur Natur?

So einfach ist das leider auch nicht. Zwar sind die ausgezeichnet schmerzlindernden und entzündungshemmenden Wirkungen vieler Pflanzen durch Studien belegt (meist allerdings nur am Menschen), doch wer meint, die pflanzlichen Schmerzmittel hätten keine Nebenwirkungen, der befindet sich leider im Irrtum. Schon Paracelcus warnte in Hinsicht auf die Phytotherapie „die Menge macht das Gift“. Wären Pflanzen generell absolut harmlos, hätte er sich nicht berufen gefühlt, auf eine verantwortungsvolle Dosierung hinzuweisen. Und so sind viele – aber nicht alle – natürlichen Stoffe ebenso magenreizend wie deren synthetisches Pendant – sowohl für Menschen als auch fürs Pferd, den Hund und die Katze. Weihrauch, Yucca, Chilli, Teufelskralle, Ingwer… alles sehr stark wirksame Pflanzen… aber ebenso stark in den Nebenwirkungen. Denn auch sie greifen den Magen an. Darum sind auch die o.g. Pflanzen nur als kurzer Impulsgeber aber nicht in der Langzeitbehandlung sinnvoll.

Allerdings gibt es auch pflanzliche Schmerzmittel für Pferde, Hunde und Katzen ohne nennenswerte Nebenwirkungen!

Weidenrinde vor allem für Hunde
Dem oben erwähnten Hundehalter riet sein Tierarzt von der Verwendung der Weidenrinde ab, mit der Begründung: Das sei das gleiche wie Aspirin und hätte darum auch die gleichen Nebenwirkungen. Tatsächlich ist dem aber nicht so. Denn, obwohl beide die Salicylsäure (Salicin) als Wirkstoff gemein haben, unterscheiden sie sich doch wesentlich in einem anderen Punkt: Weidenrinde besitzt nicht die bei Aspirin zusätzlich vorkommende Acetylgruppe und darum auch nicht die verheerenden Nebenwirkungen. (Und wie oben ja schon erwähnt, ist es die Acetylgruppe, die Mikroblutungen auslöst, NICHT die Salicylsäure!) Neueste Studien gehen sogar davon aus, dass die schmerzhemmende Wirkung der Weidenrinde nicht nur auf den Salicingehalt zurückzuführen ist, sondern auch auf die anderen Bestandteile der Weidenrinde wie Tannine, Proanthocyanidine und Flavonoide. Die einzige Gegenanzeige zur Verwendung von Weidenrinde ist eine „Salicylsäurteüberempfindlichkeit“ (0,2% der menschlichen Bevölkerung leiden darunter) und leider auch die Verwendung bei Katzen. Denn Katzen können aufgrund einer Glucoronidierungsschwäche Salicylsäure nur beschränkt abbauen – es kann also zu Vergiftungserscheinungen kommen.
Menschen wird Weidenrinde allerdings bei chronischen Erkrankungen sogar empfohlen, da sie ihre Wirkung zwar langsamer aufbaut als Aspirin (pflanzliche Analgetike benötigen etwa 3 Wochen um zur vollen Wirkung zu gelangen), dann aber für eine nachhaltige Schmerzlinderung ohne Nebenwirkungen sorgen kann. Genauso hilfreich finde ich Weidenrinde auch für Hunde. Pferde hingegen verstoffwechseln die Salicylsäure in einer Halbwertszeit von einer Stunde, wobei kaum ein wirksamer Blutspiegel aufgebaut werden kann. Dennoch verwende ich Weidenrinde bei Pferden. Das liegt daran, dass ich Pferde beobachtet habe, die sich in der Erkältungszeit an einer Weide gütlich taten (alle!). Irgendeinen Nutzen muss ihnen die Pflanze also bringen. Und wenn es nur ein kurzer Impuls für den Körper ist. Dennoch sollte sich jeder Pferdehalter über die Habwertszeit von Salicylsäure beim Pferd bewusst sein, denn damit scheidet die Weidenrinde für eine dauerhafte und konstante Schmerzbehandlung aus!
Und noch einen Vorteil haben Pflanzen gegenüber Medikamenten:

Pflanzen greifen direkt in den Entzündungsprozess ein, anstatt diesen nur zu hemmen

Brennessel z.B.
Die NSAR bzw. NSAP bekämpfen allein die Symptome. Sie hemmen die Schmerzweiterleitung und die Entzündung. Studien zufolge können Pflanzen mehr. Und so kommen wir gleich zu einem weiteren pflanzlichen Schmerzmittel und Entzündungshemmer, der vielfach unterschätzt oder gar nicht erkannt wird: die Brennnessel (Ich berichtete bereits über sie). Mehrere Studien wiesen nach, dass die Brennnessel nicht nur schmerzlindernd und entzündungshemmend wirkt, sondern darüber hinaus direkt in den Entzündungsprozess eingreift. Wie sie das macht? Sie hemmt Zytokine. Das sind körpereigene Botenstoffe, die in einer komplexen Folge von Ereignissen z.B. zum Angriff von Knorpel und damit zu einer Entzündung führen. So wird in das krankhafte Geschehen direkt eingegriffen. Darum ist die Brennnessel nicht nur ein pflanzliches Schmerzmittel und ein Entzündungshemmer im Akutstadium für Pferde, Hnude und Katzen, sondern vor allem auch ein wunderpares Prophylaxemittel für z.B. Arthrose disponierte Tiere wie HD- oder ED-Hunde, Spat-Pferde im Anfangsstadium etc.

Die Hagebutte
Ein weiteres tolles pflanzliches Schmerzmittel ist die Hagebutte (ganze Frucht getrocknet und pulverisiert). Dies ist auf ihren hohen Gehalt an natürlich vorkommenden Vitamin C zurückzuführen, welches sich in jünster Zeit als besonders erfolgreich im Kampf gegen Entzündung, Schwellung und Schmerz erwiesen hat. Eine außerdem stark Vitamin C haltige Frucht ist Sannddorn. (Experimente mit Sanddornfruchtfleischöl laufen).

Darüberhinaus sind Antidysratika, also harntreibende Pflanzen, hilfreich. Hierzu zählen u.a. Birke, Löwenzahn, Goldrute.

Doch Vorsicht: Grunsätzlich gilt bei allen Pflanzen, dass diese nur kurweise verwendet werden sollten. Zum einen, weil der Gewöhnungseffekt die schöne Wirkung sonst nach und nach verblassen lassen kann, zum anderen, weil gerade die entgiftenden Pflanzen die Entgiftungsorgane stark anregen. Ein Behandlungsplan, der die wechselweise Verwendung verschiedener Pflanzen je nach Wirkstoffgruppe vorsieht, ist hier angeraten.

Schmerzlindernde Pflanzen für die äußere Anwendung

Obwohl sie innerlich bis zu 3 Wochen benötigen, um ihr volles schmerzlinderndes Potenzial entfalten zu können, wirken Pflanzen bei äußerer Anwendung sofort. Hier gibt es eine Fülle von Möglichkeiten – wobei auch hier nicht jede Pflanze gleich hautverträglich ist. Wer sein Pferd oder seinen Hund länger mit äußerlichen Anwendungen behandeln will, sollte auf die Hautverträglichkeit Rücksicht nehmen. Denn ist die Haut ersteinmal geschädigt, wird eine weitere Behandlung für lange Zeit erst einmal unmöglich.

Eine kleine Sammlung ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Arnika (gut hautverträglich, außer bei Arnika-Allergie), Beinwell (schon recht stark), Brennnessel, Bockshornklee, Calendula / Ringelblume, Cayennepfeffer (stark reizend), Johanniskraut (als Öl), Minze (als Öl)

Und was ist mit Katzen?

Ja, die armen Katzen sind im Gegensatz zu Pferden und Hunden in puncto pflanzliche Schmerzmittel etwas benachteiligt. Aufgrund ihrer Glucoronidierungsschwäche vertragen sie weder Salicylsäure (wie obene bereits erwähnt) noch ätherische Öle. Da wird die Auswahl schon recht schmal. Zum Glück scheinen sie, jedenfalls nach meinem heutigen Kenntnisstand, sowohl Brennnessel als auch Hagebutte zu vertragen! So lässt sich auch für Katzen mit pflanzlichen Entzündungshemmern sorgen. Äußerlich sollte bei Katzen allerdings nur das in Betracht gezogen werden, was auch innerlich verwendet werden darf. Denn wir kennen ja die kleinen Tiger, die wirklich ALLES aus dem Fell schlecken, was da nicht hingehört

Quellen:
Reichling, Gachnian-Mirtscheva, Frater-Schröder, Saller, Rabinovich, Widmaier:  Heilpflanzen für die Veterinärpraxis. 2. Auflage. Springer Medizin Verlag (2008): Heidelberg.
U. Bühring : Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. 3. Auflage. Karl F. Haug Verlag (2011): Stuttgart. (S. 342 – 377)
S. Chrubasik, C. Conradt, W. Enderlein,  W. Grabner: Untersuchungen zur Wirksamkeit von Brennesselmus bei akuter Arthritis. Und C. Hansen und S. Ramm: Brennesselblätter-Extrakt: Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Arthrose und rheumatoider Arthritis. In: S. Chrubasik  und M. Wink (Hrg.): Rheumatherapie mit Phytopharmaka. Hippokrates Verlag, 1997: Stuttgart.

Haftungsausschluss

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit und repräsentiert nur die der Autoren zum Zeitpunkt des Verfassens bekannten Methoden, Vermutungen und Fakten, und entbindet den Tierhalter weder von seiner Verantwortung seinem Tier gegenüber noch von seiner Pflicht, bei einem Veterinärmediziner vorstellig zu werden und sich eine Fachmeinung einzuholen. Wir übernehmen keinerlei Haftung.

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